Podcast zum 1. Untersuchungsausschuss

Kategorie: Allgemein (Seite 5 von 5)

Der Ausschuss

Am 1. März 2018  hat der Deutsche Bundestag einstimmig einen Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz eingesetzt. Der Ausschuss soll den Anschlag und seine Hintergründe aufklären. Interessant sind hierbei besonders die Versäumnisse der zuständigen Behörden.

An dieser Stelle finden Sie die Dokumentation des Ausschuss von Stella Schiffczyk und Daniel Lücking.

5. Sitzung am 14. Juni 2018 – Terror Plangemäß verwalten

Terror plangemäß verwalten

Untersuchungsausschuss Während die CDU/CSU mit internen Querelen den Parlamentsbetrieb blockierten, warteten Opfer und Angehörige des Attentats vom Breitscheidplatz auf den Sitzungsbeginn.

Eine Handvoll Journalisten wartet gemeinsam mit Opfern und Angehörigen im Bundestag. „Sitzungsbeginn 12 Uhr“ – das Display vor dem Saal 4.900 im Paul-Löbe-Haus liegt sehr oft falsch, wenn es darum geht, den Sitzungsbeginn kundzutun. Mal verlängert sich eine Beratungssitzung. Mal sorgt eine namentliche Abstimmung für einen verspäteten Beginn. Heute ist es die CDU/CSU-Fraktion. Offenbar haben sich Teile der CSU dazu entschlossen, den Koalitionsvertrag aggressiv nachverhandeln zu wollen. Man spricht von Asylstreit und setzt bildlich gesprochen Angela Merkel die Waffe auf die Brust: „Entweder du tust, was wir wollen, oder wir machen, was wir wollen.“ Ob, wann und wie dieser Schuss für die CSU nach hinten losgeht, werden die nächsten Tage zeigen.

Arbeitspläne

Der Ausschussvorsitzende Armin Schuster (CDU/CSU) erhält kurz vor Sitzungsbeginn von einem Überlebenden und Ersthelfer eine schriftliche Aussage, die Beamte des BKA bereits vor über einem Jahr entgegennahmen. Passiert ist seither nichts. Der Mann will Aufklärung und wartet seit nun fünf Stunden geduldig auf den Sitzungsbeginn. Politik und Behörden indes haben Zeit.

Ausschuss ist das, was passiert, während die Tagesordnung etwas anderes sagt. Von den insgesamt vier Zeugen bleiben an diesem Tag nur noch zwei. Zeuge Gilbert Siebertz vom Bundesamt für Verfassungsschutz wurde schon lange vor den CDU/CSU-Querelen aus Zeitgründen von der Liste gestrichen. Die Tagesordnung war mit vier Zeugen deutlich zu ambitioniert. Von Siebertz erhofften sich die Abgeordneten Hinweise auf V-Leute im Umfeld des Attentäters. Da es um eine Geheimdienstangelegenheit geht, sperren sich die zuständigen Stellen im Kanzleramt und bei den Geheimdiensten jedoch gegen die Herausgabe von Akten. Zudem dürften Zeugen aus den verantwortlichen Behörden auch in diesem Ausschuss wieder über strikt formulierte Aussagegenehmigungen an der kurzen Leine gehalten werden.

Axel Kühn (BKA/Staatsschutz)

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4. Sitzung am 7. Juni 2018 – Vergeltungsschlag zu später Stunde

Vergeltungsschlag zu später Stunde

Nicht zum ersten Mal in einem Untersuchungsausschuss kommen brisante Themen erst dann auf den Tisch, wenn es kaum ein Zuschauer noch mitbekommt.

Die Besuchertribüne ist an diesem Donnerstag kaum gefüllt. Etwas mehr als 20 Personen sind anwesend. Etwa die Hälfte Journalisten, die Mehrheit aus dem Bereich der Printmedien. Die TV-Kameras zeichnen kurz einige Auftaktstatements der Obleute auf und schießen ein paar Bilder vom ersten Zeugen. Prof. Dr. Bernhard Kretschmer wird zu einem Gutachten befragt, das er bereits vor dem NRW-Untersuchungsausschuss präsentiert hat.

Dr. Bernhard Kretschmer

Nach gut 90 Minuten unterbricht eine namentliche Abstimmung den Sitzungsverlauf für fast eine Stunde. Das schlägt sich auf der Besuchertribüne nieder. Als die Sitzung fortgesetzt wird, sind nur noch etwa die Hälfte der Personen anwesend, die zu Sitzungsbeginn der Befragung lauschten. Manch ein Pressevertreter schaut nur einmal kurz vorbei. Eine Kollegin arbeitet an so vielen Themen im parlamentarischen Betrieb, dass auch sie irgendwann dem nächsten Thema hinterhereilen muss.

Stunde um Stunde leert sich die Tribüne. Eine Kontroverse unter den Abgeordneten will geklärt werden. Man geht in eine kurze nichtöffentliche Beratungssitzung. Wieder fehlen ein paar Zuschauer und Pressevertreter, als die Sitzung schließlich fortgesetzt wird. Eine solche Entwicklung ist verlässlich und tritt nicht nur in diesem Untersuchungsausschuss zutage. Weiterlesen

3. Sitzung am 17. Mai 2018 – Salonlöwen im Terrorabwehrzentrum

Salonlöwen im Terrorabwehrzentrum

Weitgehend ohne öffentliches Interesse fand die dritte öffentliche Sitzung des Untersuchungsausschusses zum Attentat am Breitscheidplatz statt

Die Besucherränge sind kaum gefüllt und leeren sich zusehends über den Sitzungsverlauf. Zugegeben, sich entlang des Themas „Förderale Sicherheitsarchitektur“ acht eingeladene Experten anzuhören, ist nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig, obgleich Professor Doktor Heinrich Amadeus Wolff von der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth eine faktenreiche und pointierte Analyse liefert und sich am Ende der Sitzung „am liebsten die Haare raufen würde, wenn ich denn welche hätte“.

Neben den Rechtswissenschaftlern sollen Jürgen Maurer als Vizepräsident a. D. des Bundeskriminalamtes und Heinz Fromm als ehemaliger Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz aus der Praxis berichten.

Für und gänzlich im Sinne der AfD argumentiert aus der Praxis Otto Dreksler. Der leitende Polizeidirektor a. D. ist mit seinen Ansichten mehrfach Anlass dafür, dass sich die Rechtsexperten in der Runde bei nächster Gelegenheit noch einmal explizit für die förderalen Strukturen der Bundesrepublik aussprechen.

Strukturen, die für Dreksler ein „Bremswirkung“ haben. Strukturen, die laut Dreksler so viele Informationen angehäuft haben, dass relevante Erkenntnisse angeblich nicht mehr zu finden seien. Schuld an dem Informationsüberfluss wären die Flüchtlingsströme und eine Polizei könne natürlich nur deswegen nicht richtig arbeiten, weil Racial Profiling verboten sei, wie Thomas Seitz (AfD) durch seine Fragestellung insinuiert. Eine Fragestellung, die zu einer kurzen Beratungssitzung führt, an deren Ende Seitz jedoch in gleicherweise fragen darf, wie zuvor.

Heil dürfte in einer zentralistischen Struktur kaum zu finden sein. Schon der Blick nach Frankreich genüge als abschreckendes Beispiel, wie die Experten entgegenhalten.

Förderalismus: Ja!

In der Kritik der Experten steht vor allem das gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAz). Eine im Jahr 2004 oberhalb der Strukturen der Länder geschaffene Institution, die bisher nur mit wenigen Befugnissen ausgestattet ist, aber auf sämtliche Daten der Geheimdienste und Polizeien der Bundesländer zugreifen kann. Theoretisch.

Alle Bildrechte verbleiben bei Stella Schiffczyk

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2. Sitzung am 26. April 2018 – Anekdotische Evidenz ist hier nicht gefragt

Anekdotische Evidenz ist hier nicht gefragt

Die Expertenanhörung „Gewaltbereiter Islamismus und Radikalisierung“ soll den Obleuten im Breitscheidplatz-Untersuchungsauschuss das Fundament für ihre Arbeit liefern.

Eine Runde aus sechs Männern und zwei Frauen – selten sind so viele Experten gleichzeitig vor einem Untersuchungsausschuss, um den Obleuten Wissen zu vermitteln. Neben Vertretern aus der Wissenschaft berichten Experten aus Verwaltung und Zivilgesellschaft vor allem zum Thema Prävention. Auch die Sicherheitsbehörden sind mit einem LKA-Mann und einem ehemaligen Verfassungsschützer repräsentiert. Ein ausgewogenes Panel an Expertise, das von den Fraktionen eingeladen wurde.

Fragwürdiger Experte

Auch die AfD hat mit Imad Karim einen Experten eingeladen, der offenbar wegen seiner Zugehörigkeit zum muslimischen Kulturkreis und seiner journalistischen Arbeit berufen wurde. Karim führt aus, der Islamismus würde Politik und Religion vermischen. Ein Allgemeinposten aus der Diskussion der letzten Jahre. Karim provoziert, rät Muslimen dazu, ihren Glauben an den Propheten Mohammed zu überwinden, und zieht Vergleiche zu den Rassengesetzen der Nationalsozialisten. In einer kurzen nicht-öffentlichen Beratungssitzung besprechen die Obleute, wie mit dem offensichtlich nicht unabhängigen Experten zu verfahren ist. Karim sitzt seit März 2018 im Kuratorium der von Erika Steinbach geleiteten AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.

Schlussendlich gibt sich Karim beleidigt, dass außer von der AfD-Obfrau Beatrix von Storch überwiegend keine Fragen an ihn gerichtet werden. Es scheint, als verwechsele die AfD den Untersuchungsausschuss mit einer Wahlkampfveranstaltung oder einem der montäglichen Pegida-Aufmärsche.

Radikalisierung braucht keine Religion

Die Ursachen für eine Radikalisierung sind vielfältig und nicht vorhersehbar. Die Expertenrunde beschreibt, dass Radikalisierung kein linearer Prozess ist und letztlich ausschließlich in den Menschen begründet ist, die sich radikalisieren. Anlässe gäbe es jedoch zuhauf. So neigten ausgegrenzte und sozial isolierte Jugendliche eher dazu, sich radikalen Positionen zu verschreiben, um sich anschließend darüber zu definieren. Für manche führe die Radikalisierung dann auch zum Terrorismus

Alle Bildrechte verbleiben bei Stella Schiffczyk

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1. Sitzung 19. April 2018 – Ein Anschlag – Ein Ausschuss – Viele Fragen

Der Bundestag hat einen Untersuchungsausschuss zum Attentat vom Breitscheidplatz vom 19. Dezember 2016 eingesetzt, der nun zum ersten Mal öffentlich tagte.

Der Bundestag hat einen Untersuchungsausschuss zum Attentat vom Breitscheidplatz vom 19. Dezember 2016 eingesetzt, der nun zum ersten Mal öffentlich tagte. In der ersten Sitzung waren Experten zum Thema Asyl- und Aufenthaltsrecht geladen. Ein Fragenkomplex von vielen.

Für die Angehörigen der Opfer und die Überlebenden dürfte vor allem die Frage nach der Verantwortung im Raum stehen. Wie konnte dieser Anschlag passieren? Warum haben Behörden, die doch scheinbar alle Informationen über den Attentäter zur Verfügung hatten, den Gefährder nicht festgenommen? Wie groß die Aufgabe ist, macht der Ausschussvorsitzende Armin Schuster (CDU/CSU) zu Beginn deutlich.
Es sind rund 50 Behörden, deren Arbeit im Laufe der nächsten Jahre zu untersuchen sein wird. „Wichtig bleibt: wir dürfen die Überlebenden und Opfer des Anschlags bei aller politischen Diskussion nicht vergessen, “ sagt Schuster.

Überfordert

Die geladenen Rechtsexperten zeichnen einhellig das Bild einer überforderten Verwaltung. Überfordert vor allem dadurch, dass sich das Asyl- und Aufenthaltsrecht so schnell und so oft änderte. Rund 30 Änderungen seit 2011 – insgesamt vier bis fünf pro Jahr – brachten die mit der Umsetzung beauftragten Menschen an die Grenze des leistbaren. „Das änderte sich so schnell, dass wir schon gar keine Kommentierungen mehr erstellen konnten. Extrem schwierig für Praktiker“ sagt Anwalt Thomas Oberhäuser und der Fachanwalt für Migrationsrecht pflichtet ihm bei: „Etwas mehr Gelassenheit bei der Gesetzgebung wäre hilfreich für die Anwender.“ Weiterlesen